Eine Dekade, von der Mitte der 1980er bis zur Mitte der 90er Jahre, machte die Deutsche Tourenwagen Meisterschaft zu einer der buntesten, wildesten und attraktivsten Rennserien in Deutschland. Die goldene Ära lebt – bei der Nürburgring Classic. 23 Teams und Fahrzeuge sind am Start – wir freuen uns riesig über die tolle Rückmeldequote für die Rennen mit diesen historischen Leckerbissen.

 

Wie die Wagen auf Touren kamen

Die Deutsche Tourenwagen-­Meisterschaft bescherte dem Deutschen Motorsport zwischen 1984 und 1995 als wichtigste Rennserie eine Goldene Ära. Als solche lebt sie bei der Nürburgring Classic fort.

Vor der goldenen Ära gab es seit 1972 die DRM, bei der Tourenwagen von Ford, BMW und Porsche um die Deutsche Rennsport Meisterschaft kämpften. Nach mehreren Reglement-Änderungen und technischer Aufrüstung bis hin zu Gruppe C-Sportwagen, deren Entwicklung allerdings extrem teuer war, starteten nur noch wenige Teilnehmer. Mit einem radikalen Schritt reagierte die ONS, Oberste Nationale Sportkommission und legte ein neues Reglement für seriennahe Tourenwagen auf. Dabei orientierte man sich an den FIA-Gruppe-A-Fahrzeugen aus der Tourenwagen-Europameisterschaft. Um die Seriennähe zu betonen, hieß die neue Serie anfangs „Deutsche Produktionswagen Meisterschaft“.

 

 

Der erleichterte Zugang zeigte Erfolg: Schon in der ersten Saison verbuchten sieben verschiedene Fahrzeuge einen Sieg für sich: Rover Vitesse, BMW 635 CSi und 325i, Alfa Romeo GTV6, Ford Mustang, Chevrolet Camaro und Volvo 240 Turbo. Noch bunter wurde das Teilnehmerfeld durch die Markenvielfalt der nicht siegreichen Teams. Um für Zuschauer und Sponsoren attraktiver zu werden, zeigte die Rennserie zwei getrennte Wertungsläufe hintereinander. Bald fanden sich Zehntausende Zuschauer an den Rennstrecken ein und mehrere TV-Anstalten sendeten live – 1992 gipfelte die Medienpräsenz der goldenen Ära bei 86 Sendern in 52 Ländern.

 

Ein vielfältiges, buntes Bild sehr verschiedener Rennautos

Die Buntheit und Vielfalt zeigt sich in den Golden-Era-Läufen der Nürburgring Classic eindrucksvoll: Es kämpfen Opel vom C-Kadett über Ascona 400 bis zum Vectra-Rennwagen mit einem breiten Feld verschiedener 2002, 3er und M3-BMW sowie Alfa 156 und den wilden Turbo-Volvo-Fünfzylindern um den Sieg.

 

Auflistung des Teilnehmerfeldes

 

Wurde das vielgestaltige bunte Bild sehr verschiedener Rennautos anfangs von Privatteams und Tunern hochgehalten, so professionalisierte sich später auch diese Rennserie zu einer Werksmeisterschaft der großen Marken Audi, Alfa Romeo, BMW, Mercedes-Benz, Ford und Opel. Attraktiv für das Publikum war sie durch die ausgeprägte Gleichwertigkeit der Fahrzeuge, was zu spannenden Duellen führte. Insbesondere, wenn die Wertungsläufe im Rahmen des 24-Stunden-Rennens auf dem Nürburgring vor großer Kulisse starteten, war die Aufmerksamkeit riesig.

 

Von den Turbos zurück zu den Saugmotoren

Wie zuvor in der DRM führte das Engagement der Werksteams zu technischer Aufrüstung, bei der Privatteams nicht mithalten konnten. Das Starterfeld dünnte in der Folge aus. So waren 1988 beim Finale in Hockenheim 46 Tourenwagen am Start. Beim letzten Rennen mit „Gruppe-A-Fahrzeugen“ waren es 1992 nur noch 27. Unter anderem war wieder die Leistungsexplosion durch Turbomotoren – speziell in Gestalt des Überfliegers Ford Sierra Cosworth – letztlich ausschlaggebend für eine Reglement-Änderung. 1991 wurden Turbomotoren verboten. Dieser Bann verursachte den Ausstieg von Ford aus der Rennserie.

Die Lücke füllte Audi, regelkonform mit einem Saugmotor, jedoch nicht wie die Konkurrenz mit 2,5-Liter Vierzylinder, sondern mit dem 3,6-Liter V8 aus dem Audi 200, der noch dazu mit Quattro-Antrieb auftrat. Audi nutzte diese Lücke sehr erfolgreich mit zwei Fahrermeisterschaften, bis eine erneute Regeländerung 1992 zum Ausstieg der Marke führte. Die Aufrüstungsmaßnahmen der Werksteams hatten die Idee des seriennahen Tourenwagens ad absurdum geführt.

 

Die Zeit der Prototyp-Rennwagen

Konsequenterweise wurden ab 1993 stark modifizierte Fahrzeuge eingesetzt. Insbesondere durften die bisherigen Blech- durch Kohlefaserkarossen ersetzt werden. Das machte die Autos de facto zu Prototyp-Rennwagen. Das Motorreglement erlaubte Vier- und Sechszylinder mit 2500 cm³ und die wurden mit ähnlichem Aufwand konstruiert wie damalige Formel-1-Triebwerke. Das Ergebnis waren Leistungen von bis zu 500 PS. Nachdem sich nach und nach ein Hersteller nach dem anderen aus der Tourenwagen Meisterschaft verabschiedetet hatten, fuhren 1993 schließlich nur noch Mercedes und Alfa Romeo. Alfa begann fulminant mit dem 1992 neu eingeführten 155 und deklassierte die 190er von Mercedes-Benz.

 

Ende und Neuanfang

Opel kehrte beim Finale 1993 mit seinem neuen Calibra V6 4×4 und Mercedes kam zu alter Glorie, als ab 1994 die damals neue C-Klasse eingesetzt wurde. Auch, um die hohen Entwicklungskosten breiter zu verteilen, wurden 1995 neben sieben Rennen in Deutschland auch fünf Läufe zur International Touring Car Championship ausgetragen. Schon ein Jahr später aber verschwand die Deutsche Tourenwagen Meisterschaft. Im Jahr 2000 wurde sie als Deutsche Tourenwagen Masters reanimiert – aber das ist eine andere Geschichte.